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Emotionale Ansprache: Unseriöse PR-Sülze oder kommunikatorische Grundvoraussetzung?

Wir vermitteln Fakten und keine Emotionen! Dies erwidern Projekte aus Wissenschaft und Umwelt gern auf den Rat, ihrer Kommunikation einige emotionale Aufhänger zu gönnen. Aber sind Emotionen wirklich unsachlich und stehen sie einer objektiven Berichterstattung im Weg? Die Hirnforschung legt andere Schlüsse nahe.
Was ist emotionale Ansprache?

Wer meint, mit emotionaler Ansprache sei gemeint, dass auf  jedem Ihrer Flyer das Bild einer niedlichen Babykatze prunken muss oder dass jedes wissenschaftliche Projekt sich seifenoperngleich mit Herzchen, Blümchen und Bravo-Sprache auf seiner Homepage darstellen soll, der irrt. Emotionen sind laut Hirnforschung erst einmal nichts weiter als irritierende Reize. Emotionale Ansprache zielt also nicht darauf ab das Gegenüber mit fremdgesteuerten Gefühlen zu manipulieren oder mit geschmacklosem Kitsch zu überhäufen. Das Ziel von emotionaler Ansprache ist es ein Aufmerksamkeitsniveau herzustellen, auf dessen Grundlage Informationen überhaupt erst wahrgenommen und verarbeitet werden können.

Emotionen sind zentrale Wegbereiter für Informationen

Emotionen sind der Schlüssel zu unserem Gehirn. Wir sind permanent durch Sinneseindrücke überflutet. Um nicht verrückt zu werden, sind wir darauf angewiesen, dass unser Gehirn „normale“  Reize (z.B. das Geräusch unseres alltäglichen Atems) herausfiltert und unserer Wahrnehmung entzieht. Überlebenswichtig können hingegen „abnormale“ Reize (z.B. das Bremsquietschen eines herannahenden Autos) sein. Also beschäftigt sich das limbische System unseres  Hirns  unaufhörlich damit, ob ein Reiz besonders und somit beachtenswert ist oder ob er unbeachtet auf der „Wahrnehmungsmüllkippe“  landet. An Letzterem können Projekte aus Wissenschaft und Umwelt bezogen auf ihre Kommunikationsbemühungen kein Interesse haben: Sie möchten ihre wichtigen Themen in die Öffentlichkeit transportieren. Somit kommen auch faktenorientierte Umweltakteure um das limbischen System – den Torwächter unserer Wahrnehmung  –  nicht herum. Und Schlüssel für diesen Torwächter sind die in der Fachwelt gerne verpönten Emotionen. Ohne diese werden Informationen schlichtweg gar nicht erst an das Bewusstsein weitergeleitet.

Emotionen sind so sachlich oder unsachlich wie Fakten

Die emotionale Erregung ist kein neuzeitlich, postfaktisches „Gewäsch“, sondern eine Hirnleistung, die sich im Laufe der Evolution als extrem nützlich erwiesen hat.  Sie ist gekennzeichnet durch die plötzliche Aktivierung neuronaler Verbindungen und  damit verbundener hormoneller Vorgänge. Kernstück dieses Prozesses sind  Bewertungen: Mit der Wahrnehmung eines entsprechenden Reizes wird die Situation als schädlich oder nützlich eingeschätzt. Dabei sind auch immer kognitive Vorgänge des Langzeit-Gedächtnisses sowie des Kurzzeit-Arbeitsgedächtnisses beteiligt. Diese Geschehen finden zunächst unbewusst statt, können jedoch bewusst werden. In dem Moment bezeichnen wir sie als Gefühle (z.B. Furcht, Freude, Ärger, Trauer).

Emotionale Erregungen sind mit inneren und äußeren Reaktionen verbunden. Diese reichen von unbewusst, reflexartigem Verhalten über Verarbeitung und Kontrolle der Emotionen bis hin zur sogenannten rationalen Handlung. Emotionen an sich sind also nicht irrational. Lediglich der Prozess ihrer Bewertung kann mal mehr oder weniger reflektiert ablaufen. Insofern ist emotionale Ansprache nichts Abtrünniges, wenn sie darauf abzielt, Aufmerksamkeit für ein wichtiges Thema zu erlangen, welches im Laufe der weiteren Kommunikation differenziert betrachtet wird.

Emotionen schärfen das Gedächtnis

Emotionen erleichtern den Aufbau und die spätere Nutzung kognitiver und kontextbezogener Wissensbestände. Denn unter emotionaler Erregung werden Situationen besonders detailliert abgespeichert. Das liegt unter anderem daran, dass besonders starke neuronale Verbindungen geknüpft werden. Projekte, die in ihrer Kommunikation auf emotionale Ansprache verzichten, vergeben sich also das Potential, dass die Inhalte bei der Zielgruppe  nachhaltig und abrufbar abgespeichert werden.

Emotionale Ansprache ist kein Kinderkram

Viele Kunden von Interessen Im Fluss merken im Laufe der Projektlaufzeit, dass sie mit dem Maxim der rein faktenorientierten Kommunikation wichtige Stakeholder nicht erreichen. Intuitiv spüren sie, dass ihrer Vermittlung von Inhalten emotionale Aspekte fehlen. Doch scheint es ihnen unangemessen, vermeintlich rational denkenden und handelnden Erwachsenen mit unsachlich anmutenden Stilmitteln entgegenzukommen. Der Kundenvorschlag ist dann oft: „Wir sollten mal was für Kinder machen.“ Dazu kann nur gesagt werden: Falls Kinder eine sinnvolle und prioritäre Zielgruppe sind, super Idee! Ansonsten sollten sich „emotionsscheue“ Kunden vielleicht einfach noch einmal vergegenwärtigen: Emotionale Ansprache ist kein kindisches Beiwerk affektierter PR-Tanten sondern eine wichtige Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Kommunikationsstrategie – auch für Erwachsene!

Quellen

Die Ausführungen zur Hirnforschung und Informationsverarbeitung im Gehirn sind aus folgenden Quellen entnommen:

Esser, Hartmut (2005). Affektuelles Handeln: Emotionen und das Modell der Frame-Selektion. No. 05-15, Universität Mannheim.

Hu, H.,  Real, E., Takamiya, K., Kang, M.G., Ledoux, J. Huganir, R. Malinow, R. (2007): Emotion Enhances Learning via Norepinephrine Regulation of AMPA-Receptor Trafficking. Cell 131: 160—173. DOI 10.1016/j.cell.2007.09.017.

Wie kann emotionale Ansprache gestaltet werden

Es lässt sich nicht leugnen, dass Babykatzen und Bravo-Sprache viele Schlüsselreize beinhalten, die Aufmerksamkeit erregen. Doch werden sich viele Projekte aus Wissenschaft und Umwelt damit nicht identifizieren können. Darum ist das Anliegen von Interessen Im Fluss, für die Projektkommunikation authentische Aufhänger zu finden, die bei Ihren jeweiligen Zielgruppen sofort als relevant und interessant bewertet werden. Es liegt auf der Hand, dass einem Ingenieur meist andere Bewertungsmuster zugrunde liegen als Oma Lenchen von nebenan. Je nachdem, wen man ins Boot holen möchte, sollte man bereit sein darauf einzugehen, welche Ansprache die jeweiligen Personen benötigen, um die vom Projekt gesendeten Informationen überhaupt aufnehmen zu können. Nur darauf aufbauend kann das Thema dann auch rational durchdrungen werden. Die emotionale Ansprache ist ein komplexes Gemisch aus Sprache (in Bild und Text) und dem Vermögen, sich auf den Standpunkt der Zielgruppe einzulassen. Die Möglichkeiten richten sich stark nach dem verwendeten Medium. Darum ist es schwer hier ein umfassendes Bild aller Optionen zu liefern. Einige Stilmittel können jedoch beispielsweise sein:

Ästhetische Bilder, die Aufmerksamkeit erregen

Aussagen, die einen Widerspruch hervorrufen

Humor, denn Lachen ist ein Ausdruck von Irritation (der allerdings Spaß macht)

Aussagen, die persönliche Betroffenheit verdeutlichen

Aussagen, die hohen Aktualitätsbezug aufweisen

Persönliche Ansprache

Nahbarkeit der Projektmitarbeiter herstellen, z.B. über Zitate:

Eine kleine Emotion gefällig?

Den wichtigen Themen zuliebe, können wir Projekten aus Wissenschaft und Umwelt nur zu mehr Mut für eine wohl dosierte emotionale Ansprache raten. Interessen Im Fluss ist Ihnen gerne bei der Gestaltung Ihrer Texte und PR-Formate behilflich. Mehr Informationen finden Sie hier.

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